Freitag, 18. Mai 2012

Gewalt und Chaos regiert im Norden von Honduras

Steigende Aggressionen gegen Kleinbauern. Anstieg militärischer und paramilitärischer Aktivitäten in der Region Bajo Aguán 

Von Johannes Schwäbl, amerika21.de

 

Tocoa/Bajo Aguán. Das lokale Menschenrechtszentrum OPIDHA in Bajo Aguán hat auf erneute schwere Menschenrechtsverletzungen und die weiterhin stark angespannte Situation in der nordhonduranischen Krisenregion aufmerksam gemacht. Zuvor war am 8. Mai die Leiche von José Antonio López in der Nähe eines Grundstücks des Großgrundbesitzers Miguel Facussé aufgefunden worden. Der 46-jährige Kleinbauer López galt seit dem 5. Mai als vermisst.

Nach Aussagen mehrerer Bewohner des Dorfes Rigores wurden das Todesopfer und weitere Fischer aus der Region von privaten Sicherheitskräften beschossen. Ebenfalls am Nachmittag des 8. Mai wurde eine Gruppe von Kleinbauern auf dem Heimweg von der Arbeit von privaten Sicherheitskräften des Anwesens Paso Aguán angegriffen. Dabei wurden der Jugendliche Darwin Maldonado lebensgefährlich verletzt und ein weiterer Kleinbauer durch einen Schuss am Bein verwundet.
Außerdem berichtet Wilfredo Paz, Mitarbeiter des lokalen Menschenrechtszentrums, von Morddrohungen gegen ihn. Unbekannte seien ihm auf dem Weg zur Arbeit gefolgt.
Die durch die Militäroperation "Xatruch" in der Region stationierten Militäreinheiten wurden kürzlich zusätzlich durch Soldaten des 4. Bataillons aus La Ceiba aufgestockt. Sowohl staatliche als auch private Sicherheitskräfte suchen und verfolgen in den letzten Tagen verstärkt führende Aktivisten der Kleinbauernorganisationen. Laut Informationen des Menschenrechtszentrums fand kürzlich ein Treffen zwischen hohen Justizbeamten, regionalen und lokalen Befehlshabern des Militärs und Vertretern der Großgrundbesitzer in der Stadt Trujillo statt. Menschenrechtsverteidiger befürchten aufgrund dieser Informationen groß angelegte Polizei- und Militäroperationen gegen die Bauernorganisationen der Region und die Räumung mehrerer Ansiedlungen. Laut Wilfredo Paz soll eine "Säuberung" der Aguán-Region von jeglicher Initiative zur Landbesetzung begonnen werden. Dies solle als warnendes Beispiel für den Rest des Landes dienen.
Der Landkonflikt zwischen Großgrundbesitzern und Kleinbauernorganisationen der seit dem zivil-militärischen Putsch 2009 zunehmend eskaliert, forderte bereits über 60 Todesopfer. In der Erklärung des OPIDHA wurde erneut der mangelnde Wille der De-facto-Regierung Porfirio Lobos zu einer politischen Lösung des Landkonfliktes betont. Alle Abkommen die seit April 2009 zwischen Regierung und Kleinbauernorganisationen abgeschlossen wurden, seien von Regierungsseite nicht eingehalten worden. Kleinbauern- und Menschenrechtsorganisationen zeigen sich besorgt über die aktuelle Situation und die Vorgehensweise der De-facto-Regierung, die, wie es heißt, klar auf Seiten der Großgrundbesitzer stehe.